Neurochirurgie

Unsere Praxis verfügt im Bereich der Neurochirurgie über eine langjährige Erfahrung und bietet Operationen im Bereich der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule sowie des Kopfes an. Unser Angebot umfasst u.a. Hemilaminektomien, dorsale Laminektomien, Ventral Slots, Wobbler-und Hydrocephalus-Operationen. Myelographien und CT-Untersuchungen mit und ohne Kontrastmittel werden in der Regel unmittelbar vor der geplanten Operation durchgeführt. MRT-Untersuchungen werden von uns im Bedarfsfall in Kooperation mit einer bilddiagnostisch spezialisierten Praxis organisiert.

Exemplarisch stellen wir Ihnen zwei Fallbeispiele zur Verfügung. Sie zeigen auf, wie wir an Wirbelsäule und Gehirn operieren und welche neurochirurgischen Behandlungsmethoden in unserer Praxis zum Einsatz kommen.

Bandscheibenvorfall – Wenn die Wirbelsäule Schmerzen verursacht

Die Bandscheibendegeneration oder Diskopathie ist eine häufig vorkommende Erkrankung der Wirbelsäule beim Hund. Diese kann in der Folge zu einem Bandscheibenvorfall mit resultierenden Rückenschmerzen und Lähmungserscheinungen (Parese, Paralyse) führen. Die zwei häufigsten Formen des Bandscheibenvorfalls sind die Bandscheibenextrusion (Hansen Typ 1) und die Bandscheibenprotrusion (Hansen Typ 2).

Pathogenese

Von der Bandscheibenextrusion sind klassischer Weise chondrodystrophe Rassen, v. a. Dackel, Pekinesen, französische Bulldoggen und andere chondrodystrophe Rassen betroffen. Hierbei degeneriert bereits in den ersten Lebensjahren der Gallertkern der Bandscheibe und verliert an Elastizität, so dass die Pufferfunktion der Bandscheibe gestört ist. Es kann daher zum Zerreißen der Bandscheibenkapsel und Austritt von Bandscheibenmaterial in den Wirbelkanal mit akut einsetzender Symptomatik kommen. Je nach Lokalisation, Art und Umfang des Vorfalls handelt es sich um reine Schmerzsymptome, Ataxien oder Lähmungen der Gliedmaßen mit oder ohne Ausfall des Tiefenschmerzes. Diese als Hansen Typ 1 bezeichneten Veränderungen sind v.a. im Brust- und Lendenwirbelbereich lokalisiert.

Die Bandscheibenprotrusion hingegen ist ein sich langsam entwickelnder Prozess, bei dem sich die Bandscheibenkapsel aufgrund erhöhter Belastung zunehmend verdickt. Die dadurch resultierende Einengung des Wirbelkanals und der wachsende Druck auf Rückenmark und Nerven bewirken eine zunehmende Muskelschwäche und Koordinationstörung und betreffen zumeist die Hintergliedmaßen bei nicht chondrodystrophen, großen Hunderassen wie z.B. Schäferhunden, Boxern oder Golden Retrievern kommen aber auch bei chondrodystrophen Hunderassen vor. Selten tritt er auch bei Katzen auf.

Sonderformen sind u.a. das sogenannte Cauda-equina-Syndrom, auch Lumbosakralstenose genannt, bei dem ausschließlich die letzte Bandscheibe der Lendenwirbelsäule betroffen ist. Diese Erkrankung kommt häufig bei älteren, großwüchsigen Hunderassen im Sinne eines degenerativen Prozesses der Bandscheibe, der zugehörigen Wirbelgelenke oder des Bandapparats vor. Klinisch manifestiert sich das Cauda-equina-Syndrom durch eine langsam fortschreitende Muskelatrophie der Hintergliedmaßen, zunehmenden Schwierigkeiten beim Aufstehen, Springen oder Treppen steigen, aber auch eine sog. After-Blasen-Schwanz-Lähmung kann im Spätstadium der Erkrankung auftreten.

Das Wobbler-Syndrom der Halswirbelsäule, vorrangig beim Dobermann und bei der Dogge, stellt eine Stenose des Wirbelkanals dar, die sowohl die Halswirbelsäule als auch die ersten Brustwirbel betreffen kann. Hierbei werden statische, absolute Stenosen von dynamischen, relativen Stenosen unterschieden. Die Keilwirbelbildung stellt die häufigste Form der Dysplasie der Wirbelsäule bei der französischen Bulldogge und beim Mops dar. Ursächlich hierfür sind genetisch bedingte Entwicklungsstörungen der Wirbelkörper. Betroffen sind zumeist die Wirbel der Brustwirbelsäule.

Diagnose mit Hilfe bildgebender Verfahren

Um die beste Behandlungsmethode für jeden neurologischen Patienten individuell einschätzen zu können, bedarf es nach einer gründlichen Anamnese und neurologischen Untersuchung v.a. eine gezielte, bildgebende Diagnostik. Hierzu nutzen wir die Computertomographie (CT) mit Kontrastmittelgabe. Das CT ist ein röntgenologisches Schnittbildverfahren, welches uns erlaubt, die dargestellten Strukturen überlagerungsfrei zu beurteilen. Zur besseren Darstellung einer eventuellen Kompression des Rückenmarks nutzen wir zusätzlich auch die Myelografie. Sie beinhaltet die unmittelbare Kontrastmitteleingabe in den sogenannten Subarachnoidalraum. Das Kontrastmittel hebt hierbei die genauere Lokalisation eines Bandscheibenvorfalls oder einer Umfangsvermehrung wie einer Zyste oder einer Neoplasie hervor.

Operative Behandlungsmöglichkeiten im Überblick

Obwohl nicht jeder Bandscheibenvorfall chirurgisch behandelt werden muss, ist die Prognose im Falle einer schnellen operativen Entfernung des vorgefallenen Bandscheibenmaterials in der Regel deutlich günstiger als die einer konservativen Behandlung. Das folgende Flussdiagramm enthält die wichtigsten Kriterien zur Entscheidung, ob und wann eine Operation anzuraten ist:

Die am häufigsten durchgeführte Operation zur Behandlung von Bandscheibenvorfällen der Brust- und Lendenwirbelsäule ist die Hemilaminektomie. Bei Bandscheibenvorfällen der Halswirbelsäule erfolgt zumeist ein sogenannter Ventral Slot. Andere von uns durchgeführte Operationsmethoden sind die dorsale Laminektomie, die partielle Corpektomie oder die Foraminotomie.

Ob und wann eine Operation im individuellen Fall anzuraten ist, lässt sich mit Hilfe aller berücksichtigten Kriterien im folgenden Flussdiagramm beurteilen:

Prognose

Die Prognose nach chirurgischer Behandlung eines Bandscheibenvorfalles ist in der Regel gut. Sie richtet sich v.a. nach dem Grad der neurologischen Schädigung zum Zeitpunkt der Operation. Wichtige Kriterien hierfür sind das Vorhandensein von Tiefenschmerz sowie die Zeitspanne von Beginn der Symptomatik bis zur operativen Behebung der Kompression. Eine frühzeitige Überweisung dieser Patienten ist also ein wichtiger Aspekt, um die Prognose für diese Fälle zu verbessern.

Bei ambulanten Patienten kann es direkt nach der Operation aufgrund der direkten Manipulation des Rückenmarks kurzfristig zu einer Verschlechterung der Symptomatik kommen, die in der Regel nicht länger als einige Tage anhält.

Je nach Schweregrad der neurologischen Schädigung kann es bei nicht-ambulanten Patienten zwischen einigen Tagen und mehreren Wochen (im Extremfall auch mehreren Monaten) dauern, bis wieder eine ausreichende Steh- und Gehfähigkeit erreicht wird. In dieser Zeit sollte eine intensive Pflege und eine begleitende physiotherapeutische Behandlung durchgeführt werden.

Hydrocephalus – Wenn das Gehirnwasser nicht abfließt

Der Hydrocephalus ist eine zumeist angeborene (seltener auch später im Leben erworbene) Erkrankung des Gehirns und tritt, außer beim Menschen, auch bei Hunden und Katzen auf. Die häufigste Form ist der Überdruck-Hydrocephalus. Hierbei ist der Abfluss des Gehirnwassers aus den Gehirnkammern gestört. 

Chirurgische Hilfe durch Katheter und Druckventil

Da das Gehirnwasser nicht abfließt, kommt es zu einer Erhöhung des Drucks innerhalb der Hirnventrikel und zu einem Verdrängen und Abbau von Gehirngewebe. Symptome treten in der Regel bereits im Welpenalter auf und umfassen unter anderem eine aufgewölbte Schädelform, Koordinationsstörungen, Sehstörungen, Schielen und Kopfschmerzen. Die Diagnose wird z.B. durch eine Computertomographie (CT) des Kopfes gestellt.

Unbehandelt verläuft die Erkrankung in vielen Fällen tödlich oder die betroffenen Tiere müssen aufgrund der sich rasch verschlimmernden Symptome eingeschläfert werden. Wenig bekannt ist, dass die Behandlung eines Überdruck-Hydrocephalus beim Tier jedoch prinzipiell genauso möglich ist wie beim Menschen.

Hierbei wird ein spezieller Katheter in eine betroffene Gehirnkammer eingebracht, der dann über ein Druckventil und einen Silikonschlauch den Abfluss der cerebrospinalen Flüssigkeit in die Bauchhöhle ermöglicht. Dort wird die Flüssigkeit vom Bauchfell wieder resorbiert, sodass keine Flüssigkeitsansammlung im Bauchraum erfolgt.

Nach der OP

Unsere Praxis führt diese Operation seit einigen Jahren mit gutem Erfolg bei Katzen und Hunden durch.  Die meisten Patienten haben nach der Operation eine mit gesunden Tieren vergleichbare Lebensqualität, benötigen in vielen Fällen jedoch eine dauerhafte Behandlung mit antiepileptischen Medikamenten. Die Prognose sollte in jedem Fall individuell besprochen werden, da diese unter anderem von den bereits vorliegenden neurologischen Störungen sowie dem Auftreten von Komplikationen abhängt. Zudem sind nicht alle Formen des Hydrocephalus auf diese Weise behandelbar (z. B. Hydrocephalus ex vacuo oder Porencephalie).