Weichteilchirurgie

Die in unserer Praxis durchgeführte Weichteilchirurgie umfasst, abgesehen von den üblicherweise als „Routine“ eingestuften Operationen (z. B. Kastrationen, Enterotomien, etc.), eine Reihe von komplizierteren Eingriffen. Einige Beispiele mit dazugehörigen Indikationen sind:

  • Perineale Urethrostomie (bei rezidivierender Harnwegsobstruktion bei der Katze)
  • Arythenoid-Lateralisation (bei Larynxparalyse)
  • Perinealhernienoperation (Obturator-Plastik)
  • Totale Ohrkanal-Ablation mit Bullaosteotomie (bei chronischen „end stage“ Otitiden)
  • Portosystemischer Shunt (Ameroid-Konstriktor-Technik)
  • Thoraxchirurgie (z. B. bei persistierendem Ductus Arteriosus)
  • Prostata-Omentalisation (bei prostatischen Abszessen)
  • Ureteroneozystostomie (bei ektopischen Harnleitern)
  • u.v.m.

Exemplarisch stellen wir Ihnen drei Fallbeispiele zur Verfügung. Sie zeigen auf, wie wir an unterschiedlichen Organen operieren und welche chirurgischen Behandlungsmethoden in unserer Praxis zum Einsatz kommen.

Larynxparese – wenn die Luft wegbleibt

Die Larynxparese oder Kehlkopflähmung ist eine Erkrankung, die zumeist bei älteren Hunden großer Rassen vorkommt. 

Hierbei handelt es sich in der Regel um die Folge einer Polyneuropathie, die zu einer ungenügenden Innervation der Kehlkopfmuskeln führt. Werden die Kehlkopfknorpel beim Einatmen nicht mehr ausreichend weit geöffnet, entzündet sich der Kehlkopf und die Atmung wird aufgrund der engstehenden Knorpel deutlich erschwert. 

Die Symptome beginnen zumeist mit gelegentlichem Husten. Die betroffenen Hunde entwickeln im weiteren Verlauf ein typisches, inspiratorisches Atemgeräusch. Im Endstadium der Erkrankung kann es v.a bei Belastung oder warmem Wetter zu ausgeprägter Dyspnoe (Atemnot) und, daraus resultierend, fatalem Sauerstoffmangel kommen.

Arythenoidlateralisation – der Weg zurück zur unbeschwerten Atmung

Die Diagnose kann in vielen Fällen bereits aufgrund der Vorgeschichte und Präsentation des Tieres vermutet werden und wird in der Regel durch eine laryngoskopische Untersuchung gesichert. 

Eine chirurgische Behandlung ist in diesen Fällen unbedingt angezeigt und erfolgt in der Regel direkt im Anschluss an die Laryngoskopie. Die Versorgung erfolgt durch einen chirurgischen Eingriff (Arythenoidlateralisation), bei dem einer der paarigen Arythenoidknorpel in geöffneter Position mit Fadenzügeln seitlich fixiert wird. Hierdurch entsteht eine genügend große Öffnung, um den Durchfluss von Luft am Kehlkopf dauerhaft zu gewährleisten, wobei die Schutzfunktion des Kehlkopfes zur Vermeidung der Aspiration von Futter, Wasser oder Speichel weitgehend erhalten wird.

Nach der OP

Die Gefahr von Aspirationspneumonien ist bei dieser Operationsmethode gering, bleibt aber für den Rest des Lebens bestehen. Der positive Effekt der Operation tritt bereits unmittelbar nach dem Eingriff ein, sodass die Gefahr weiterer Erstickungsanfälle gebannt ist und die Belastbarkeit der Patienten sich deutlich verbessert. 

Perinealhernie

Bei der Perinealhernie handelt es sich um eine Erweichung der Beckenbodenmuskulatur mit resultierendem Vorfall von Bauchorganen (v.a. Enddarm, Omentum, Prostata, Harnblase) unter die Haut. Die häufigste Beschwerde ist eine Kotabsatzstörung mit auffallenden Schwellungen ein- oder beiderseits des Anus. Die Ursache ist in der Regel eine vergrößerte Prostata bei unkastrierten Rüden, die zu einem erhöhten Druck innerhalb der Beckenhöhle beim Kotabsatz führt. 

Bei längerem Bestehen gibt die muskuläre Begrenzung der Beckenhöhle allmählich nach. Das Rektum dehnt sich in die Bereiche neben und unter dem Anus aus, so dass sich Kot in diesen Aussackungen anschoppt. 

Die Diagnose erfolgt durch eine rektale und sonographische Untersuchung.

Chirurgischer Eingriff: Reduktion und muskulöser Verschluss des Dammbruchs

Die Perinealhernie macht einen chirurgischen Eingriff erforderlich, um einen geregelten Kotabsatz zu gewährleisten und lebensbedrohliche Komplikationen zu vermeiden (z. B. Vorfall der Harnblase). Die Reparatur der Hernie erfolgt bei uns mittels Transposition des internen Obturatormuskels.
Durch diese Technik wird die Spannung der Gewebe beim Verschluss in Grenzen gehalten, so dass Komplikationen wie eine temporäre Kotinkontinenz nur sehr selten auftreten.

Eine gleichzeitige, routinemäßige Kastration ist bei unkastrierten Rüden im Zusammenhang mit der Perinealhernienoperation in jedem Fall erforderlich, um durch die resultierende Volumenabnahme der Prostata einer erneuten, mechanischen Druckbelastung vorzubeugen.

Nach der OP

Die Rezidivrate dieser Operationsmethode liegt bei ca. 5% und damit um Wesentliches niedriger als bei anderen Formen der Herniorraphie. Zur Minimierung des Infektionsrisikos ist bis zum Fädenziehen das Tragen eines Kragens unabdingbar. Um bis zur vollständigen Ausheilung der ehemaligen Bruchpforte einen geformten, aber möglichst weichen Kot zu gewährleisten, können folgende diätetische Maßnahmen nützlich sein: Fütterung mit Weichfutter, Zusatz von Quellstoffen (Leinsamen, Weizenkleie) oder Lactulose.

Portosystemischer Shunt – wenn das Blut die Leber umgeht

Bei dem portosystemischen oder portocavalen Shunt handelt es sich um eine zumeist erblich bedingte Fehlentwicklung des Pfortadersystems, bei dem Blut durch eine Gefäßverbindung an der Leber vorbei direkt in die hintere Hohlvene (Vena cava caudalis) geleitet wird. 

Dies führt zu einer Unterentwicklung der Leber und verschiedenen Symptomen wie u. a. verzögertem Wachstum, Erbrechen, Durchfall, zentralnervöse Störungen (u.a. Ataxie, Sehstörungen, epileptische Anfälle, komatöse Zustände) und Urolithiasis. Diese Symptome treten häufig bereits im Welpenalter auf, können aber auch erst im Verlauf des späteren Lebens zu klinisch manifesten Problemen führen.

Verläuft das Shuntgefäß außerhalb der Leber, spricht man von einem extrahepatischen Shunt. Dieser kommt v. a. bei kleinen Hunderassen vor wie z. B. Maltesern, Terriern oder dem Chihuahua. Seltener können auch Katzen betroffen sein. Verläuft der Shunt innerhalb des Lebergewebes, spricht man hingegen von einem intrahepatischen Shunt. Diese Variante beobachtet man in der Regel bei großen Rassen wie Retrievern oder Bernhardinern.

Die Diagnose erfolgt zumeist mit einer Kombination aus Blutuntersuchungen (Bestimmung von Ammoniak und Gallensäuren) und bildgebender Diagnostik zur Darstellung der fehlerhaften Gefäßanastomose wie Ultraschall und Computertomographie-gestützter Angiographie. Hierbei wird ein Kontrastmittel in die Vene injiziert, um das zu verschließende Gefäß zu identifizieren.

Vor der Operation

Zur Vorbereitung gehören v.a. eine diätische Umstellung (eiweißarme Kost) zur Schonung der Leber und zur Reduktion der anfallenden Abbauprodukte des Proteinstoffwechsels (Ammoniak, Harnstoff) sowie die Gabe von Lactulose zur Verkürzung der Darmpassage und erhöhten Ausscheidung von Ammoniak.

Ameroid-Konstriktor: Schritt für Schritt zum Verschluss des Shuntgefäßes

Die Behandlung extrahepatischer Shunts erfolgt in unserer Praxis mit der Hilfe sogenannter Ameroid-Konstriktoren, die einen schrittweisen Verschluss des Shuntgefäßes über 4-5 Wochen hinweg ermöglichen. Dies gibt dem Pfortadersystem und der Leber Zeit, sich an die neuen Druckverhältnisse anzupassen und senkt damit die Gefahr von Komplikationen wie akutem Portalvenenüberdruck und erneutem Shunt durch Ausbildung von Kollateralgefäßen.

Nach der Operation

Die Nachbehandlung umfasst eine engmaschige Überwachung des Patienten durch Erhebung spezifischer blutchemischer Parameter (Kalium, Glukose, Totalprotein), eine parenterale Infusionstherapie, die Kontrolle des Gefäßverschlusses mittels Ultraschall 2-3 Monate nach der Operation sowie eine abschließende Überprüfung der Leberfunktionsparameter (Ammoniak, Gallensäuren).